DIE SATANISCHEN VERSE
DIE SATANISCHEN VERSE
Die Menschenrechte, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit und die übrigen Grundrechte sind universell. Sie gelten überall, selbst dort, wo sie von autoritären Machthabern zeitweise außer Kraft gesetzt werden. Als 1988 der indisch-britische Schriftsteller Salman Rushdie die „Satanischen Verse“ in New York publizierte, war die totalitär-religiöse Staatsführung des Iran derart erbost, dass sie am 14. Februar 1989 eine „Fatwa“ aussprach. Damit war es jedem gläubigen Muslim auf der Welt erlaubt, Salman Rushdie zu töten. Der iranische Revolutionsführer Ayatollah Khomeini ließ verkünden, dass die Hinrichtung Rushdies notwendig sei, damit „niemand weiter den Islam zu beleidigen wagt“, gleichzeitig lobte er ein stattliches Kopfgeld aus. Unabhängig von Inhalt und literarischer Qualität der „Satanischen Verse“ war das ein in der Bundesrepublik nicht hinnehmbarer Akt. Viele Schriftsteller und Politiker solidarisierten sich mit dem in den Untergrund abgetauchten Schriftsteller. Kurz nach Bekanntwerden der „Fatwa“ gründete sich in London das „Rushdie Defence Committee“, dem weltweit mehr als 1000 Autorinnen und Autoren beitraten. Sie veröffentlichten einen Aufruf zum Schutz der Meinungsfreiheit. Sie beriefen sich dabei auf den Artikel 19 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948:
„Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ In der Bundesrepublik gründeten einige namhafte Verlage den „Artikel 19“-Verlag, der nur ein Buch herausbrachte: die deutsche Fassung der „Satanischen Verse“. Auf der Suche nach Herausgebern, die gleichzeitig auch als Zeugen für die universelle Geltung der Menschenrechte stehen sollten, wurde ich angesprochen. Ich habe sofort zugesagt, weil wir bei der Gültigkeit und Unantastbarkeit der Menschenrechte niemals ins Wanken geraten dürfen. Salman Rushdie lebte viele Jahre mit der Angst, von einem radikalen Muslim aufgelauert und ermordet zu werden. Aber er überlebte die „Fatwa“ – rund um die Uhr von Leibwächtern bewacht. Zwischen 1989 und 2016 wurde das Kopfgeld durch eine halbstaatliche iranische Organisation von anfangs einer Million auf derzeit nahezu vier Millionen Dollar laufend erhöht.